Landhaus Schade van Westrum
(Weitergeleitet von Villa Heyroth)
Das Landhaus Schade van Westrum in der Villenkolonie Neubabelsberg, Virchowstraße 19-21, wurde 1890 als eines von zwei Holzhäusern für den Geheimen Regierungsrat Dr. jur. Anton Heyroth (1855–1922) errichtet. Heyroth war lange Jahre ehrenamtlich als Gemeindevertreter für Neubabelsberg tätig. Geplant wurde das Vorhaben vom Berliner Architekten Johannes Lange und durch die Wolgaster Aktien-Gesellschaft für Holzbearbeitung ausgeführt. Die Planer und das Unternehmen arbeiteten unter anderem auch bei zahlreichen Holzvillen und der Seebrücke in Heringsdorf sowie beim Bau der Rennbahn Karlshorst zusammen.
Baugeschichte
1921 verkaufte Heyroth einen Teil des Grundstücks mit der größeren Villa an Hermine Schade van Westrum aus Hamburg. 1927 erhielt das Gebäude sein heutiges Erscheinungsbild. Den Umbau leitete der Architekt und Sohn Siegmund Freuds, Ernst Ludwig Freud (1892-1970). Dieser Umbau prägt noch heute wesentlich das Erscheinungsbild des Hauses. Freud erneuerte die Umfassungswände und begradigte die seeseitige Fassade. Bodentiefe Fenster öffnen das Haus zum Griebnitzsee. Es bekam eine über die gesamte Hausbreite reichende Terrasse und in der Mitte einen halbrunden Altan mit doppelläufiger Treppe zum Garten und einen Balkon im Mansardgeschoss.
Der heutige Klinkerbau ist im Kern noch die alte große Holzvilla, die in der Mitte des Grundstücks errichtet wurde. Das machte die bis 2019 abgeschlossene Sanierung auch so kompliziert. Die tragenden Holzbalken mußten Stahlträger unterfangen werden. Das Gebäude mit Mansarddach ist zur Straßenseite eingeschossig und fällt hinter einer hohen Hecke versteckt kaum auf. Zur Seeseite ist das Gebäude zweigeschossig mit halbrunder Veranda und Balkon. Das Haus Schade von Westrum ist damit funktionell und gestalterisch ein Landhaus von der Straßenseite aus und Villa auf der Seeseite. Bei nach 1999 erfolgten Sanierung wurden die seeseitigen Räume, Speise-, Herren- und Musikzimmer,durch Doppelflügeltüren verbunden, was das Innere noch großzügiger erscheinen lässt.
Eigentümer
1930 ging die Villa mit einem Vorkaufsrecht für das Grundstück mit dem kleinen Holzhaus in den Besitz des jüdischen Berliners Rechtsanwalts Dr. Arno Wittgensteiner. 1932 verkaufte Wittgensteiner an den auf internationales Recht spezialisierten Rechtsanwalt und Kunstsammler Dr. Udo Rukser aus Rehbrücke, der 1937 beide Grundstücksteile zusammenführte. Nach 1933 trat er als Herausgeber der von ihm mitbegründeten „Zeitschrift für Ostrecht“ zurück, weil er die verlangte Trennung von seinen jüdischen Mitinhabern verweigerte. Er legte seine Anwaltszulassung nieder und zog sich an den Bodensee zurück.
Das Landhaus Schade van Westrum Haus vermietete er an den Automobilrennfahrer Hans Stuck und dessen Ehefrau, die Tennisspielerin und Journalistin Stuck von Paula Stuck von Reznicek. 1939 emigrierte Rukser mit seiner zweiten jüdischen Ehefrau Dora Richter-Rothschild, Schwester des Filmpioniers und Malers Hans Richter (1888 - 1976), nicht zu verwechseln mit dem Nowaweser Schauspieler Hans Richter (1919 - 2008), nach Chile. Neuer Eigentümer des Landhauses wurde Verleger Dr. Erich Stückrath, der das Grundstück als Entschädigung für sein Berliner Grundstück an der Heerstraße erhalten hatte, das den Planungen Albert Speers für eine Hochschulstadt weichen sollte. Stückrath ließ die kleine Holzvilla abbrechen. Mit der Gartengestaltung wurde Prof. Heinrich Wiepking-Jürgensmann beauftragt, der als Mitglied einer Architektengemeinschaft für die Landschaftsplanung des Olympischen Dorfes in Dallgow-Döberitz verantwortlich war. Anfang der 1940er-Jahre hielt sich Erich Kästner hier auf und arbeitete an seinen Kriegstagebüchern.
Während der Potsdamer Konferenz 1945 war das unmittelbar neben der Churchill-Villa gelegene Gebäude Sitz des britischen Außenministers Anthony Eden. Bis Mitte der 1950er Jahre wurde das Haus durch die sowjetische Besatzungsmanch genutzt, danach durch Grenztruppen und Stasi. Die bei der Restaurierung zum Teil erhaltene Ausmalung im Esszimmer stammt aus dieser Zeit. Das Landhaus Schade van Westrum wurde nach 1989 an die Nachfahren des Verlegers Stückrath rückübertragen und später an den heutigen Eigentümer verkauft.
Quellen
- Präsentation durch den Eigentümer am 8. September 2019
- Pressemitteilung der Stadt Potsdam Nr. 517 vom 22.08.2019
- Steffi Pyanoe: Das Landhaus Schade van Westrum ist ein kleines Kunstwerk in PNN 24.08.2019; [1]
- „Neuendorf-Nowawes-Babelsberg – Stationen eines Stadtteils“ – Geiger-Verlag, Horb am Neckar, 2000; ISBN 3-89570-653-1