Kaiserbahnhof

Der Kaiserbahnhof (ursprünglich „Hofstation im Wildpark“ genannt) befindet sich zwischen dem Wildpark und dem Park Sanssouci. Der Bahnhof wurde für Kaiser Wilhelm II. im Jahr 1909 eröffnet und wird heute als Akademie für Führungskräfte der Deutschen Bahn genutzt.
Geschichte
Der Kaiserbahnhof wurden in den Jahren 1905 bis 1909 für Kaiser Wilhelm II. – der auch Reisekaiser genannt wurde – gebaut. Architekt war der Geheime Oberhofbaurat Ernst Eberhard von Ihne. Er errichtete den Bau auf Wunsch des Kaisers im englischen Landhausstil. So wurde dieser Bahnhof ganz aus Sandstein im englischen Cottage-Stil erbaut. Das Empfangsgebäude gleicht einer Landhausvilla und lässt bereits die Anmutung des in den Jahren 19112 bis 1917 noch zu errichtenden letzten kaiserlichen Schlossneubaus, des Schlosses Cecilienhof, erahnen. Das Bahnhofsgebäude beherbergt den Kaisersaal mit Kamin, Paneelen und Holzfußböden.
Die offizielle Bezeichnung war „Hofstation im Wildpark“, die an der Strecke Potsdam–Werder lag. Diese verlief damals südlich des Schlossparks von Sanssouci. Ab 1886 war im Wildpark ein erster Haltepunkt für den öffentlichen Verkehr. Schon vor 1888 gab es daneben eine „Erbkronprinzliche Einsteigestelle“ für den späteren Kaiser Friedrich dem Dritten.
Noch heute liegen Kaiserbahnhof und der Bürgerbahnhof, der Bahnhof Park Sanssouci, unmittelbar nebeneinander. Für den Neubau 1909 wurden die Fernbahngleise fünf Meter höher gelegt. Davor waren die Gleise ebenerdig gewesen, sodass man die Züge majestätischen Schrittes auf geradem Wege erreichen konnte. Es entstand eine 88 Meter lange Bahnhofshalle aus Stahl, überspannt mit einem Mansardendach und vielen Gauben im Tonnengewölbe. Mit Fachwerk gelang eine optische Angleichung an das historisierende Empfangsgebäude. Der Kaiserbahnhof verfügt über drei Treppenaufgänge zu den Bahngleisen, einer für die Kaiserfamilie, der zweite für die Entourage und der dritte Aufgang für die Bediensteten. Ein weiterer Knotenpunkt, der sog. Kaisertunnel, stellt unter dem Bahndamm eine ebenerdige Verbindung zum Wildpark her.
Alle Reisen, die Wilhelm II. bis zum Ende des 1. Weltkrieges unternahm, trat er von diesem Bahnhof an. Einen Tag nach dem Ausrufen der Republik in Deutschland, floh der Kaiser am 10. November 1918 vom Großen Hauptquartier im belgischen Spa, wo er sich seit dem 29. Oktober aufgehalten hatte, ins niederländische Exil. Seine Gemahlin Auguste Viktoria folgt ihm vom Kaiserbahnhof aus. Möbel, Bilder, Porzellan, Silber und ein Auto wurden auf Güterwagen verladen und mitgenommen. Nach der Abreise des Kaiserpaares hatte der Bahnhof seine Bedeutung weitgehend eingebüßt. Am 19. April 1921 hielt hier anlässlich der Beisetzung von Kaiserin Auguste Viktoria zum letzten Mal ein Sonderzug.
Im Zweiten Weltkrieg stand der Kommandozug des Oberbefehlshabers der Luftwaffe Hermann Göring hier auf dem Gleis. Vom Ende des Zweiten Weltkrieges bis 1952 verkehrte von hier aus der sogenannte Blaue Express, ein Urlauberzug, der sowjetische Offiziere zweimal in der Woche nach Moskau brachte. Bereits 1945 war die Eisenbahn ab sowjetischer Grenze auf die russische Breitspur umgenagelt worden, sodass Josef W. Stalin ohne Umsteigen mit der Bahn zur Potsdamer Konferenz fahren konnte.
Nach 1952 wurde das Empfangsgebäude noch von der Betriebsfachschule der Deutschen Reichsbahn für den Unterricht genutzt. Ab 1957 war hier nur noch ein Lager. Der Bahnhof verfiel zusehends – zum Glück wurde er jedoch 1977 auf die Denkmalliste gesetzt, was den drohenden Abriss verhinderte. Der Bahnhof gehört seit 1999 zum UNESCO-Weltkulturerbe Schlosspark Sanssouci.
Zur Ausstattung der Bahnakademie gehören zwei historische Waggons, die restauriert wurden und heute für Konferenzen genutzt werden. Dabei handelt es sich um einen 1901 gebauten Salonwagen der Kaiserin Auguste Viktoria. Er war ausgestattet mit einem Abteil für die Kaiserin mit eigener Toilette und Abteilen für Hofdienerinnen und Personal. Der zweite Museumswagen ist ein Schnellzugwagen von 1912. Er wurde ab 1977 in Sassnitz ausgestellt, um an die legendäre Reise von Wladimir Iljitsch Lenin zu erinnern, der 1917 aus dem Schweizer Exil über Sassnitz nach Russland zurückkehrte. Allerdings ist es nicht der originale Wagen.
Die Deutsche Bahn investierte 2004 und 2005 insgesamt 25 Millionen Euro in die gelungene Restaurierung des Kaiserbahnhofs. Für das Projekt erhielt die Bahn knapp 1,5 Millionen Euro Fördergeld für die Instandsetzung der Eingangs- und Bahnhofshalle. Davon kamen 80 Prozent vom Land, der Rest von der Stadt.
Am 16. Juni 2005 wurde der Kaiserbahnhof als Bahnakademie für Führungskräfte eröffnet. Kaisersaal, Gefolgesaal, Kaisertreppe und Gleishalle erstrahlen im Glanz der Kaiserzeit und sind mit moderner Technik ausgestattet. Die Gebäude enthalten nun vier große Seminarräume, die sich miteinander verbinden lassen, sowie ein Auditorium für 170 Personen. Er ist leider nicht öffentlich zugänglich.
2006 wurde der Ort zum „Ersten Hörspielbahnhof Deutschlands“ gekürt. 2008 zeichnete die Initiative „Deutschland – Land der Ideen“ den Bahnhof als sogenannten „Ausgewählten Ort“ aus.
Weitere Bilder
Dokumentation des Sanierungszustandes Juli 2003
Innen- und Außenaufnahmen zum 100-jährigen Bestehen im November 2009
Weblinks
- Kaiserbahnhof Potsdam – Artikel bei der Wikipedia
- DB-Akademie im Kaiserbahnhof - auf der Webseite des Deutschen Architekturforums
- Mit Chefdenkmalpfleger Marc Jumpers durch den „Bahnhofsdschungel“ in Wildpark-West - Artikel in der MAZ vom 14.09.2023
- Eintrag in der Denkmaldatenbank des Landes Brandenburg (Kaiserbahnhof) in der Denkmaldatenbank des Landes Brandenburg
- Kaiserbahnhof - im Verzeichnis der Potsdamer UNESCO-Areale auf www.potsdam.de
Quellen
- „Großer Bahnhof für den Kaiser - zum 100. Geburtstag des Potsdamer Kaiserbahnhofs“ – Artikel in Landsicht, Länderjournal Berlin und Brandenburg, Verlag am Grünen Gitter GmbH, Berlin/Potsdam, Wolfgang Vöse, Ausgabe Herbst 2009