Kaufhaus Karstadt
Das Kaufhaus Karstadt – auch Stadtpalais genannt – befindet sich in der Innenstadt von Potsdam, in der Brandenburger Straße 49–52 und der Jägerstraße 13-14. Das Kaufhaus war bis 1929 auch als „Manufakturwaren-Handlung“ F. Schwarz und als Warenhaus Lindemann bekannt.
Geschichte
Von 1877 bis 1945
Die Ursprünge des Geschäfts gehen auf das Jahr 1877 zurück. Damals betrieb F. Schwarz ein Meter- und Textilwarengeschäft. Bereits um das Jahr 1905 vergab Schwarz den Auftrag für einen Neubau eines Warenhauses auf den Grundstücken 50 und 51, wahrscheinlich an den Potsdamer Architekten Carl Schmanns. Es erfolgte ein Neubau im Stile des Jugendstils, für den die beiden barocken Typenhäuser abgerissen wurden. 1906 verkaufte er das Geschäft an den Kaufmann Hermann Ploschitzki aus Charlottenburg. Diesem gehörte seit 1905 auch die Warenhauskette des Görlitzer Unternehmers Louis Friedländer, die den Grundstein für den Bau des dortigen Warenhauses bildete. Bereits in Görlitz hatte Ploschitzki mit dem ebenfalls aus Charlottenburg stammenden Kaufmann Leopold Lindemann zusammengearbeitet (und später fusioniert), der das Warenhaus unter dem alten Namen weiterführte und sich 1910 in Form einer Interessengemeinschaft mit dem gegenüberliegenden Warenhaus M. Hirsch zum gemeinsamen Wareneinkauf beim Hamburger Engros-Lager der Firma M. J. Emden Söhne zusammenschloss.
1913 wird erneut Carl Schmanns mit dem Ausbau beauftragt, dem auch die beiden Nachbarhäuser Nr. 49 und 52 links und rechts des Warenhauses weichen müssen. Der Kaufhausbau wird um jeweils drei Achsen links und rechts erweitert. Die neuen Fassadenteile passt Schmanns den alten an, so dass ein einheitlicher Bau entsteht. 1922 wurde die Firma F. Schwarz in die Firma „Paul Lindemann & Co.“ als Aktiengesellschaft umgewandelt. Paul Lindemann ist der Sohn von Leopold Lindemann.
Seit der Umwandlung zur Lindemann & Co. AG im Jahr 1922 wurde anscheinend auch das Potsdamer Haus Warenhaus Lindemann genannt. 1929 fusionieren die Rudolph Karstadt AG (Umsatz 275 Mio. RM) mit der Lindemann AG (Umsatz 56 Mio. RM) mit ihren 15 in Nord- und Ostdeutschland gelegenen Warenhäusern. Karstadt übernimmt die Führung. Paul Lindemann wird Vorstand bei Karstadt. Die Lindemann-Aktionäre verlangten und erhielten für die Karstadt-Aktien, die sie für die Lindemann-Aktien übernehmen sollten, eine Kursgarantie. Weitere Informationen siehe "Quellen".
Das Geschäft boomt und erneut wird ein Ausbau fällig. Dafür bietet sich das Grundstück der Brauerei „W. Senst AG“ an. Diese befand sich im Hof der Häuser Jägerstraße 13 und 14. Im Jahre 1924 war der Betrieb von der Berliner Kindl Brauerei übernommen worden und es ist davon auszugehen, dass die Produktion später gänzlich an den Brauhausberg verlegt wurde. Bis 1927 ist Senst Eigentümer der Gebäude, 1929/30 beginnt dann die Karstadt AG mit dem Ausbau ihres Potsdamer Hauses. Und wieder ist Carl Schmanns als leitender Architekt tätig. Auf dem Hof der beiden Typenhäuser (beide bleiben stehen) werden zwei große Baublocks errichtet, wodurch sich die Grundfläche des Hauses nahezu verdoppelt. Außerdem entsteht ein neues Treppenhaus und zusätzliche Lasten- und Personenaufzüge. Am 26. Juni 1930 öffnet das neue Haus für seine Kunden.
Paul Lindemann wurde im Zuge der Arisierung im Mai 1933 aus dem Vorstand entlassen. 1937 erfolgte die "Entschandelung" des Gebäudes vom Jugendstil. Das heißt, die Fassade verlor ihren stilprägenden Stuck und die Dachaufbauten.
Von 1945 bis heute
Am 3. April 1946 vereinigten sich die Kreisparteiorganisationen der KPD und der SPD im Stadtpalais zur SED. Dies geschah vor dem eigentlichen gemeinsamen Vereinigungsparteitag in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) am 21. und 22. April in Berlin sowie vor der Vereinigung der Landesparteien am 7. April in der Theaterklause und ehemaligen Hans-Otto-Theater.
Nach der Enteignung des Karstadt-Konzerns in der sowjetischen Besatzungszone und Übertragung an die Konsumgenossenschaft beherbergte der Bau das Warenhaus „Konsument“, welches nach der Wiedervereinigung mit einem Zehnjahresvertrag zwischen Konsum und Horten von Horten betrieben wurde. Nach einem Dachstuhlbrand im Jahr 1995 wurde das Kaufhaus geschlossen, Karstadt klagte auf Restitution des Eigentums. Nach umfassendem Umbau konnte das Kaufhaus 2003 wiedereröffnet werden.
Die Karstadt-Filiale im Stadtpalais wurde am 10. März 2005 eröffnet. Auf vier Etagen gibt es insgesamt 12.500 Quadratmeter Fläche, davon 10.600 Quadratmeter Verkaufsfläche. Der Umbau des Gebäudes unter Denkmalschutzauflagen im historischen Stadtkern dauerte 16 Monate und kostete 50 Millionen Euro. Zudem gibt es ein Parkhaus in der Nähe, welches 475 Autostellplätze hat. An das einstige Jugendstilkaufhaus erinnert heute noch der imposante Lichthof, der sich über vier Etagen erstreckt, die von gusseisernen Stützen getragen werden.
Ein zu DDR-Zeiten eingerichteter Anlieferungshof, für den zwei barocke Typenhäuser abgerissen worden waren, wurde zurückgebaut und durch Neubauten ersetzt, die auf die historischen Grundstücksgrößen Rücksicht nehmen.
Im März 2006 arbeiteten in dem Kaufhaus etwa 200 Menschen, davon beschäftigt Karstadt etwa 120 Angestellte, die sich 85 Stellen teilen.
Der Konzern selbst ist in dem von der Eschgruppe errichteten Haus nur Mieter. Der nicht von Karstadt genutzte Raum wird an andere Geschäfte vermietet.
Das Beleuchtungs-Konzept, die Wegeführung auf den Etagen, der Flächenbesatz, die Warenpräsentation und Wareninszenierung sind nach funktionalen und emotionalen Kriterien umgesetzt worden.
Insolvenzverfahren 2024
Anfang April 2024 wurde das inzwischen dritte Insolvenzverfahren für die Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof eröffnet, nachdem der Konzern bereits 2020 und 2022 Insolvenz angemeldet hatte. Dieses Mal steht auch das Stadtpalais Potsdam auf der Liste der zu schließenden Warenhäuser. Die Schließung wurde für Ende August 2024 angekündigt. Das Gebäude ist seit 2016 im Besitz des Londoner Investmentunternehmens Meyer Bergmann. Verhandlungen zwischen Galeria und dem Vermieter über eine Mietsenkung sind gescheitert.
Weitere Bilder aus dem Innenhof des Karstadt-Kaufhauses in Potsdam
Quellen
- Karstadt – offizielle Webseite
- Potsdam - Stadtpalais – Seite bei Karstadt.de
- Die Geschichte des Warenhauskonzerns Karstadt: https://www.deutsche-biographie.de/sfz40043.html
- Fusion Karstadt mit Lindemann: "Wie wichtig Karstadt ist, sah 1933 selbst Adolf Hitler ein" Verfasser Bernd Serger - 11.05.2020: Seiten 29-32: https://www.yumpu.com/de/document/view/63357755/se-wie-wichtig-karstadt-ist-sah-1933-selbst-adolf-hitler-ein
- „Die Entschandelung des Kaufhauses Brandenburger Straße 49-52“ in "Denkmal- und Stadtbildpflege in Potsdam 1918 – 1945" von Armin Hanson – Lukas Verlag für Kunst und Geistesgeschichte – 2011: Seiten 312-315, ISBN 978-3-86732-109-9
- Zwischen Brandenburger und Nauener Tor – Seite zum Kaufhaus bei Potsdam.de
- Warenhaus Potsdam – Artikel bei der Wikipedia
- Sanierungsträger Potsdam, Die Sanierung der Zweiten Barocken Stadterweiterung in den Jahren 1990 bis 2017, Ausgabe 2020, S. 112-113f.^https://www.propotsdam.de/fileadmin/user_upload/PDM-2BSTE_Bericht-2020_100dpi.pdf
- potsdam.wordpress - „Die Geschichte des Kaufhauses Brandenburger Straße 49-52“ von Robert Leichsenring
- "Karstadt-Filiale in Potsdam bleibt offen – eine wechselvolle Geschichte mit Happy End" aus MAZ vom 13.03.2023: https://www.maz-online.de/lokales/potsdam/potsdam-chronik-der-karstadt-filiale-eine-geschichte-mit-ueberraschungen-missverstaendnissen-und-2IA24MXZ3ZDR5LP7NLFQG7XELQ.html
- Der Potsdamer Architekt Carl Schmanns (1880 - 1960), der ein Architekturbüro Am Kanal 59 hatte (Adressbuch Potsdam Jahr 1917: https://opus4.kobv.de/opus4-slbp/frontdoor/index/index/docId/12959 (Seite 219) wird irrtümlich auch als Schumanns genannt. 1930 hat er seine Adresse in Berlin-Schöneberg, Innsbrucker Straße 28 (Berliner Adressbuch Teil 2, Seite 2959). 1960: Kufsteiner Straße 41 (Telefonbuch Berlin (West) 1960, Seite 478)
- Carl Schmanns und das Warenhaus in Görlitz: Die Errichtung des Görlitzer Warenhauses am Demianiplatz nahe der Frauenkirche begann im Jahr 1912 nach den Plänen des Potsdamer Architekten Carl Schmanns in Anlehnung an das seinerzeit wohl beeindruckendste Kaufhaus Deutschlands, das Berliner Kaufhaus Wertheim. Nach nur einem Jahr Bauzeit eröffnete es am 30. September 1913 unter Führung der Handelsgesellschaft Herrmann Ploschitzki und Leopold Lindemann aus Berlin-Charlottenburg unter dem Namen „Kaufhaus zum Strauß“. „Das neue Warenhaus, ein Geschäftspalast von eigenartiger Pracht und monumentaler Wucht, ist fertig und dem Verkehr übergeben worden“, hieß es bei der Eröffnung
- Sanierungsträger Potsdam: Die Sanierung der Zweiten Barocken Stadterweiterung in den Jahren 1990 bis 2017. Potsdam, im März 2020 > PDF
- Klaus D. Grote: Insolvenzverfahren eröffnet. In: PNN 3. April 2024
- Klaus D. Grote und Sabine Schicketanz: Karstadt in Potsdam schließt Ende August. In: PNN vom 27. April 2024