School of Jewish Theology
Die jüdisch-theologische Ausbildung an der Universität Potsdam erfolgt an der School of Jewish Theology. Die Hochschule ist in der ehemaligen Orangerie des Neuen Palais untergebracht. Das Nordtorgebäude wurde nach dem 1930 in Augsburg geborenen Rabbiner Walter Jacob benannt. Jacob gründete zusammen mit dem Rabbiner Walter Homolka das Abraham Geiger Kolleg.
Der Gebäudekomplex am Nordtorgebäude des Neuen Palais Potsdam wurde 2021 nach sechsjähriger Bauzeit eingeweiht.
Das Abraham Geiger Kolleg ist ein 1999 gegründetes Rabbinerseminar. Es ist ein An-Institut der Universität Potsdam und hat seinen Sitz im Nordtorgebäude des Neuen Palais. Das Abraham Geiger Kolleg ist ein liberales Seminar und bildet Frauen und Männer zu Rabbiner und Kantoren aus.
Der Rabbiner und Judaist Abraham Geiger (1810 - 1874) gehörte 1872 zu den Wissenschaftlern der ersten Stunde an der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums in Berlin.
Das Zacharias Frankel College ist ein 2013 gegründetes Rabbinerseminar für Masorti (traditionelle) und konservative Rabbiner. Es ist ebenfalls ein An-Institut mit Sitz im Nordtorgebäude. Beide Einrichtungen teilen sich eine kleine Synagoge, die in einem Anbau neu errichtet wurde.
Oberrabbiner Zacharias Frankel (1801 - 1875) war 1854 der Gründungsdirektor des Jüdisch-Theologischen Seminars in Breslau und übte dieses Amt bis zu seinem Tode aus.
Baugeschichte
Das Nordtorgebäude
Das Nordtorgebäude ist Teil der Schlossanlage Neues Palais. Zusammen mit dem baugleichen Südtorgebäude (Ticket- und Souvenirshop) bildete es den westlichen Abschluss des Parkes von Sanssouci. Das Nordtorgebäude wurde Carl von Gontard in den Jahren 1768 und 1769 errichtet. Das repräsentative Torhaus mit der großen Loggia ist zum Park hin ausgerichtet. In dem Gebäude waren den Wohnungen für den Kastellan - Name unbekannt - und den Hofgärtner Heinrich Christian Eckstein (1719–1796). Sie hatten im Torhaus jeweils einen Empfangssaal und ein Arbeitszimmer. Die beiden Wohnungen lagen in den Seitenflügeln, beide teilten sich den Hofraum, der mit verschiedenen Schuppen und Ställen bebaut war.
Die Synagoge
Direkt an das Nordtorgebäude schließt sich heute die Synagoge der beiden Seminare an. Sie bietet Platz für 40 Personen und stellt den optischen Übergang vom historischen Nordtorgebäude zur ehemaligen Orangerie her. Der Bereich der heutigen Synagoge wurde bald nach Fertigstellung des Nordtorgebäudes bebaut. Weil das Nebengelass auf dem Hof nicht mehr reichte, entstanden zunächst weitere Schuppen und 1850 ein massiver Bau. Für 1871 sind die Nutzungen Holz- und Kohlelager für die Gärtnerei, Waschküche sowie Tierstallungen dokumentiert. Weil nach der Abdankung des Kaisers kein Bedarf für Tierhaltung mehr bestand, erfolgte 1934/1935 der Umbau in ein Dienstgebäude mit Toiletten sowie Umkleide- und Pausenräumen für die Gärtner.
Die ehemalige Orangerie
Die Orangerie diente den damaligen Schlossgärtnern als Winterquartier für Pflanzen. Bereits in den 1950-er Jahren erfolgte ein Umbau zu einer Turnhalle für die Pädagogische Hochschule Potsdam. Dabei wurde das Gebäude vergrößert. Nach 1990 wurde die Turnhalle zunächst als Depot der Schlösserstiftung genutzt. Auf ihrem Grundriss wurde das heutige Bürogebäude errichtet. Der frühere Revisionsgang für den Gärtner wurde zu einer Empfangszone umgestaltet. Eine verschattete Fassade aus farbigem Glas stellt eine transparente Verbindung zum Park her. Dahinter liegen die Büros auf drei Etagen.
Gründungsgeschichte
Mit der Zeit des Nationalsozialismus war das jüdische Leben in Deutschland fast erloschen. 1946 wurden in Potsdam noch 24 jüdische Einwohner gezählt. 1991 gründete sich die Jüdische Gemeinde Brandenburg mit Sitz in Potsdam neu. Es folgte 1992 das Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien mit einem interdisziplinären Studiengang. Die Gründung des Abraham Geiger Kollegs erfolgte 1999. Im Jahre 2013 wurde das Zacharias Frankel College gegründet. Im selben Jahr gründete sich die School of Jewish Theology der Universität Potsdam eingerichtet - als erster Bachelor- und Masterstudiengang konfessionsgebundener Studiengang für Jüdische Theologie an einer staatlichen Universität in Europa. Aufgabe ist die Ausbildung von Rabbinern. Die rund 12 Millionen Euro für den Umbau des Nordtorgebäudes und der ehemaligen Orangerie hatte das Land Brandenburg zur Verfügung gestellt.
Vorläufer
Die Jüdische Theologie in Potsdam beruft sich auf diese Wurzeln:
Jüdisch-Theologisches Seminar in Breslau
Das Jüdisch-Theologische Seminar in Breslau wurde 1854 gegründet. Mit dem Erbe des Königlichen Kommerzienrats Jonas Fränckel konnte die Fränckelsche Stiftung ein Gebäude in der damaligen Wallstraße erwerben. Es verfügte über Hörsäle, Wohnungen und eine Synagoge. Das Seminar war zunächst eine kleinere regionale Bildungsstätte. Das Rabbiner- und Lehrerseminar trug ab 1931 die Zusatzbezeichnung Hochschule für jüdische Theologie. Sie war die weltweit erste akademische Ausbildungsstätte für Rabbiner. Die Nationalsozialisten schlossen die Einrichtung 1938, heute erinnert nur noch eine Gedenktafel an das Seminar.
Hochschule für die Wissenschaft des Judentums in Berlin
Die Hochschule für die Wissenschaft des Judentums in Berlin wurde 1872 eröffnet und besaß ab 1907 ein eigenes Haus, das auf einem geschenkten Grundstück in der heutigen Tucholskystraße 9 errichtet wurde. In dem Gebäude befand sich auch ein Saal für öffentliche Veranstaltungen mit 200 Plätzen. Die Nationalsozialisten beendeten den Lehrbetrieb 1942. Nach dem 2. Weltkrieg nutzte die Charité das Gebäude als Wohnhaus. Es wurde an die Jewish Claims Conference rückübertragen und ist heute als Leo Baeck Haus Sitz des Zentralrats der Juden. Das Gebäude steht unter Denkmalschutz.
Weitere Bilder
Innenaufnahmen vom Institut für Jüdische Theologie Potsdam
Lichtinstallation in der Synagoge
Quellen
- Anne-Margarete Brenker, Walter Homolka: Ein Haus für jüdische Theologie am Neuen Palais Potsdam. Architekturführer. Patmos Verlag 2021. ISBN 978-3-8436-1272-2
- Biografie Zacharias Frankel. In: Sächsische Biografie
- Geschichte des Leo Baeck Hauses Berlin: Internetseite des Zentralrats der Juden
- Biografie Walter Jacob: Wikipedia