Armen- und Arbeitshaus
(Weitergeleitet von Städtischen Krankenhaus II)
Das Armen- und Arbeitshaus befand sich in der Berliner Vorstadt von Potsdam, in der Neuen Königstraße 129 (heute Berliner Straße 150 A). Das Gebäude stand parallel zur Straße und wurde im April 1945 zerstört. Zum Hauptgebäude gehörte ein im rechten Winkel angebautes Bettenhaus, auch Lazarett oder Pesthaus genannt. Dieses gilt als der älteste Krankenhausbau Potsdams und ist heute noch in seiner Außenansicht weitestgehend erhalten. Er und das dazugehörige Gelände (u.a. der ehemalige Pestfriedhof) gehören heute zum Klinikum Ernst von Bergmann.
Geschichte
Das erste Armenhaus war das Gertrauden-Hospital in der heutigen Henning-von-Tresckow-Straße (Fläche der Häuser 9 und 10). Es wurde von Mauritius Schönow im Jahr 1486 gegründet. Hier fanden Potsdamer Bürger aus ärmlichsten Verhältnissen Aufnahme und wurden versorgt. Zu ihrem Unterhalt sollten sie selbst beitragen. Dazu wurde ihnen das Recht des Bettelns („Einsammeln von milden Gaben") genehmigt, was in Potsdam ansonsten streng verboten war. Ferner gab es Äcker, Gärten und Wiesen auf dem Gelände der heutigen Breiten Straße und dem Lustgarten. Als das Gertrauden-Hospital im Jahr 1662 zum dritten Mal abbrannte, wurde es nicht wieder aufgebaut. 1679 Jahre verlegte der Große Kurfürst das Armenhaus vor das Berliner Tor auf das Gelände des bereits geschlossenen Pestfriedhofes.
Im Jahr 1756 wurde das baufällig gewordene Armenhaus des Kurfürsten durch einen Neubau ersetzt. 1773 wies Friedrich II. den Bau eines neuen Armen- und Arbeitshauses mit Hospital an. Baumeister Heinrich Ludwig Manger wurde mit den Bauarbeiten beauftragt. Der Magistrat der Stadt Potsdam erstellte eine Statistik. Demnach galten 1874 von den 14.250 Einwohnern der Stadt 114 als arm. Es waren 17 Männer, 4 Kinder und 93 Frauen, darunter zwei Drittel Witwen. Fast die Hälfte der Armen war älter als 70 Jahre.
40 Prozent der Armen waren Spinner. Weitere Tätigkeiten waren Näher und Wäscher, Tagelöhner, Kinderfrau, Glockentreter und Sandkarrer. 15,8 Prozent der Armen lebten vom Betteln. Die Armen verdienten so wenig, dass die Stadt ihnen etwas Geld zum Lebensunterhalt gab.
In seiner "Baugeschichte von Potsdam" schrieb Manger, dass die Bettler König Friedrich II. in Sanssouci "blockieren" und erst wieder abziehen würden, wenn sie ihre Ration erhalten hätten. Der König wollte künftig Ruhe vor solchen "Zudringlichkeiten" haben und wies an, dass die neue Armenanstalt fernab "vor dem Berliner Thore" auf das Solideste gebaut würde. Sie sollte:
- alte unvermögende Leute aufnehmen,
- Kranke verpflegen und heilen,
- den Bewohnern Arbeit und einen Zuverdienst sichern,
- mutwilligen Landstreichern und Bettlern tägliche Arbeit zuweisen.
Bereits im Jahre 1774 war der Bau fertig.
Für 1924 bis 1945 ist die Bezeichnung "Versorgungsheim" belegt. Es handelte sich um eine geschlossene Einrichtung der Stadt für 200 Insassen, davon 85 Männer und 115 Frauen.
Das Bettenhaus
Das bis heute erhaltene Bettenhaus wurde im Auftrag von Friedrich Wilhelm II. von 1793 bis 1796 durch den Hofbaumeister Andreas Ludwig Krüger als Lazarett errichtet. Es ist heute das Gebäude P des Klinikums, in dem das Gesundheitsamt seinen Sitz hat.
1786 wurden die Armenanstalten zum Stadtarmenhaus vereinigt. Das Lazarett nahm Menschen aus diesen Einrichtungen auf. Es handelte sich dabei um:
- Arme der Stadt mit ansteckenden Krankheiten
- krankes Gesinde (Hausangestellte)
- kranke Gesellen und Lehrburschen
Es handelte sich um 45 Personen, davon 12 Männer und 33 Frauen.
Das Eingangsgebäude des Armen- und Arbeitshauses wurde im April 1945 zerstört und danach nicht wieder aufgebaut. Das ehemalige Bettenhaus gehörte zu DDR-Zeiten zur Frauenklinik im Bezirkskrankenhaus Potsdam und wurde bis zur Wende als Entbindungsstation genutzt.
Historische Ansichtskarten des ehemaligen Armen- und Arbeitshauses
Quellen
- Klinikum Ernst von Bergmann - offizielle Webseite
- „1000 Jahre Potsdam, Blätter aus der Stadtgeschichte, Teil I“; Herausgeber: Rat der Stadt Potsdam; 1987; FG 010/001/88
- „Die Berliner Vorstadt von Potsdam auf historischen Postkarten“; Herausgeber: Verein Berliner Vorstadt; ISBN 978-3-00-060524-6
- Ansichtskarten GrussAusPotsdam.de
- Heinrich Ludwig Manger: Baugeschichte von Potsdam, Zweiter Band, Friedrich Nicolai, 1789, Reprint der Originalausgabe, Leipzig 1987
- Armut und öffentliche Fürsorge in der Stadt Potsdam. In: Beiträge zur Statistik und Stadtforschung 2/1997
- Carl Christian Horvath: Potsdam's Merkwürdigkeiten, Potsdam 1797, S. 277. In: Digitale Bibliothek der UNI Halle
- Sabine Bohle-Heintzenberg und Manfred Hamm: die Berliner Vorstadt. Nicolaische Verlagsbuchhandlung Berlin 1995, ISBN 3-87584-552-8