Modell-Fort

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Das Festungsmodell, im Sommer 1986

Das Modell-Fort im Park Sanssouci ist eine Miniaturfestung, an der neue Techniken des Festungsbaus getestet werden sollten. Im Jahr 2004 wurde es aus Gründen des Bestandsschutzes übererdet. Im Volksmund wird die Anlage oft fälschlicherweise auch als Prinzenspielplatz bezeichnet.

Vorgeschichte

Das Modell-Fort liegt im so genannten Hopfengarten. Dieser Name rührt von einer ehemaligen privaten Hopfenplantage. 1827 kaufte König Friedrich Wilhelm III. das Gebiet zwischen Neuen Palais und Drachenhaus an und Peter Joseph Lenné übernahm die landschaftsgärtnerische Gestaltung. Als Ergebnis war das Gebiet optisch mit dem Park Sanssouci verschmolzen.

Ende des 19. Jahrhunderts fand eine neue Form von Sprengmitteln, die sogenannte Brisanzgranate in Europa Verbreitung. Die wesentlich höhere Sprengkraft dieser Neuentwicklung führte dazu, dass bisher vorhandene Festungsanlagen der höheren Sprengkraft nicht mehr standhalten konnten.

Am 22. Dezember 1892 verfügte Kaiser Wilhelm II. per Kabinettsorder, dass alle Festungsanlagen zu modernisieren seien. Jedoch gab es unterschiedliche Meinungen, welche Festungsbauweise den besten Schutz vor Angriffen bieten könne. Nach dem belgischen Festungsbaumeister Henri Alexis Brialmont sollte eine Festung die Artillerie und die Infanterie in einem Werk vereinen. Als Grundriss einer Festung sah Brialmont ein Dreieck vor. Die deutschen Festungsbaumeister hingegen bevorzugten eine Trennung der beiden Truppeneinheiten. Um nun Gewissheit zu bekommen, welche Bauform geeigneter sei, wurde festgelegt, ein Modell-Fort zu errichten. Diese sollte Bestandteile beider Überlegungen in sich vereinigen.

Weitere Entwicklung

1893 wurde zunächst mit dem Bau der etwa 40 Meter breiten und 15 Meter tiefen Anlage auf einem von Lenné aufgeworfenen Hügel begonnen. Sie entsprach einer Festung im Maßstab 1:10. Errichtet wurde die Modellfestung durch die Firma Krupp. Sie war zu diesem Zeitpunkt Marktführer für Befestigungsanlagen. Die Bauleitung oblag Oberstleutnant a. D. Julius Diener. Er war Abteilungsleiter für Festungsbau bei Krupp. Dem Kaiser war Diener bereits bekannt, da letzterer ab 1877 als Erzieher des Prinzen Wilhelm im Festungsbau fungierte. Ende Juli 1893 war das Modell-Fort fertig gestellt.

Die Modellfestung verfügt über ein Zentralwerk in Dreiecksform an dem sich zwei Batterien anschließen. Insgesamt war die Festung mit sechs Kugelkampfkanonen, drei Kanonen und vier Haubitzen bestückt.

Gliederung des Festungsmodells, Mende/Paech 2013

Ob die gegenüber der ersten von Diener ausgearbeiteten Planung erweiterten Bauelemente des Festungsmodells schon in dieser Phase oder erst später zugefügt wurden, kann nicht entschieden werden. Auf jeden Fall sind bei komplexen geophysikalischen Sondierungen durch das Institut für Erd- und Umweltwissenschaften der Uni Potsdam im Jahre 2010 zusätzliche, jetzt verdeckte Baukörper erkannt worden (Abb. Gliederung des Festungsmodells). Besonders durch die geomagnetische Vermessung konnte ein Vorgraben entdeckt werden, der durch Drahtverhaue ein deutliches Annäherungshindernis darstellt. Als militärisches Projekt war 1893 schon während der Bauarbeiten Geheimhaltung angeordnet. Darum wurde die schon nach dem Attentat auf Wilhelm I. 1878 eingerichtete Absperrung wieder aktiviert und das Gelände ständig bewacht. Trotzdem drangen vage Andeutungen mit fehlerhaften Details in die Lokalpresse. Die undichte Stelle der Geheimhaltung war vermutlich der Kaiser selbst. Als ihm der Maurerpolier Karl Lucke aus Nowawes das fast fertige Festungsmodell vorzeigte und Wilhelm II. als Anerkennung für die von den Handwerkern geleistete Arbeit andeutete, dann müsse er wohl die ganze Mannschaft zum Festessen einladen, antworte Lucke spontan „Das is keene dumme Idee“. Das war dann in Hofkreisen eine geflügelte Redewendung und dabei sind dann offensichtlich auch einige Informationen über das Geheimobjekt nach außen gelangt.

Bis zum 1.Weltkrieg diente das Modell-Fort als Vorlage für Festungsbauten, unter anderem auch für die Maginot-Linie.

Prinzenspielplatz

Noch immer wird das Fort als Prinzenspielplatz bezeichnet. Dies ist aber nicht korrekt. In einem „Illustrierten Führer durch Potsdam“ aus dem Jahr 1914 wird darauf Bezug genommen. Nachdem das Modell genannt wird, heißt es weiter: „Daneben liegen die Spielplätze der Kaiserlichen Kinder.“ Sicherlich wurde durch diese räumliche Nähe im Nachhinein das Fort mit in den Spielplatz einbezogen.

Um 1900 wurden wahrscheinlich die Söhne Wilhelm II. am Modell-Fort militärisch erzogen. Dies wurde mehrfach beobachtet und von den Beobachtern wohl als Spielen gedeutet. Dies führte ebenfalls zu der falschen Namensgebung.

Niedergang und mögliche Rekonstruktion

Nach 1945 setzte ein Niedergang der Anlage ein. Neben Schäden, die durch Vernachlässigung und Vandalismus entstanden, gingen auch die Geschützmodelle verloren. Diese Entwicklung verstärkte sich nach 1990.

2004 ließ die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg die Anlage mit Erde zuschütten und Rasen ansäen. Die Stiftung gab für diesen Schritt konservatorische Gründe an. Bereits im Vorfeld der Aufschüttung hatte es erhebliche Kontroversen zwischen der Schlösserstiftung und der Arbeitsgemeinschaft Modell-Fort Sanssouci e. V. gegeben. Während die Stiftung im Bereich des Hopfengartens die Wiederherstellung der Anlage nach den Plänen Lennés erreichen wollte, strebte die Arbeitsgemeinschaft die Erhaltung des Festungsmodells als militärgeschichtliches Denkmal an.

2008 kam es zum Aufstellen einer Informationstafel in der Nähe des aufgeschütteten Hügels. Diese gibt einen kurzen geschichtlichen Überblick über die Anlage und zeigt historische Fotos. Durch diese Maßnahme glätteten sich die Wogen zwischen den beiden Parteien.

Quellen

Mende, Volker & Paech, Hans-Jürgen (2013): Zur Abendtafel befohlen. Neue wissenschaftliche Ergebnisse zum 1893 erbauten Festungsmodell im Potsdamer Park Sanssouci. – Mitteilungen des Vereins für Kultur und Geschichte Potsdams, Studiengemeinschaft Sanssouci e.V. 18. Jahrgang, S. 91 – 121. Barth, Roxana, Mende, Volker, Paech, Hans-Jürgen & Willkommen, Gregor (2015): Neue Forschungsergebnisse zum Festungsmodell im Potsdamer Park Sanssouci. – In: Mende, V. & Ottersbach, Chr.: Festungen in Gärten, Gärten in Festungen. – Festungsforschung, Band 6, S.180-188, mit einer Farbtafel.

Weblinks

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