Landhaus Prölß
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Das Landhaus Prölß liegt im Potsdamer Stadtteil Berliner Vorstadt an der Seestraße 41/42. Es wurde 1926 errichtet und liegt am Ostufer des Heiligen See. Erbaut wurde es nach einem Entwurf des Architekten Paul Karchow, der u. a. auch den Verwaltungssitz der Agfa in Alt-Treptow von 1901 bis 1912 baute. Prölß hatte das Grundstück 1925 erworben. Das Gebäude ist ein zweistöckiger verputzter Ziegelbau mit klassischen Stilelementen und einem Walmdach. Das Gebäude steht mit Resten der Einfriedung seit 2002 als Baudenkmal unter Denkmalschutz mit der Objekt-Nummer 09156589 und dient seit 2001 als Residenz des Botschafters von Ecuador.
Geschichte 1925 - 1953
Die Villa entstand als Landhaus für den Bauherrn Adelbert Wilhelm Prölss/Prölß (geb.15.12.1870 in Sandow/Cottbus - gest. 20.01.1948 in Potsdam). Prölß studierte in Berlin Maschinenbau, schloss aber das Studium nicht ab. 1896 trat er in die Technische Abteilung der Berliner Agfa-Werke in Berlin-Treptow ein. 1909 bekam er den Auftrag, in Wolfen eine neue, in den geplanten Ausmaßen noch nie da gewesene Filmfabrik weit außerhalb des Dorfes Wolfen zu errichten. Er wurde dort Werksdirektor und beendete am 31. Dezember 1926 als Vorstand bei der IG-Farben AG und Leiter des BASF/Agfa Filmwerks in Wolfen seine Berufstätigkeit und zog nach Potsdam. Prölß war seit 1902 mit Elisabeth Martha Johanna Luise Bunz (geb. 27.11.1873 in Möttlingen/Württemberg - gest. 20.09.1953 in Berlin) verheiratet und hatte mit ihr fünf Töchter.
Er war Mitglied des Kreisbruderrats der „Bekennenden Kirche“ (BK) in Potsdam. Die BK war eine Oppositionsbewegung evangelischer Christen gegen Versuche einer Gleichschaltung von Lehre und Organisation der Deutschen Evangelischen Kirche (DEK) mit dem Nationalsozialismus.
Geschichte ab 1954
1954 wurde in der Villa nach einem Beschluss des Rats des Bezirks Potsdam das „Haus der Lehrer“, ein Kulturhaus der Gewerkschaft Unterricht und Erziehung im FDGB der DDR, eingerichtet. 1958 bezog an Stelle der – nun in das Haus Seestraße 45 umziehenden – Einrichtung die als La Mission Militaire Francaise de Liaison (MMFL) firmierende französische Militärische Verbindungsmission in der DDR das Anwesen, nachdem sich ihr vorheriger Standort in der Geschwister-Scholl-Straße in Folge eines Anschlags auf die britische Militärmission im Juli 1958 als zu unsicher herausgestellt hatte. Das Nachbarhaus Seestraße 40 wurde als Wohnhaus der Militärmission genutzt. Sie war noch bis zu ihrer Auflösung im Oktober 1990 in Folge der Wiedervereinigung in der Villa ansässig.
2000/01 richtete die Republik Ecuador in Folge der Verlegung des Regierungssitzes von Bonn nach Berlin (1999) in dem Anwesen die Residenz ihrer Botschaft, den Wohnsitz ihres Botschafters in der Bundesrepublik Deutschland, ein. Dazu erfolgten Instandsetzungsarbeiten sowie Innenumbauten, im Wesentlichen der Ein- und Umbau von Bädern. Die Villa verfügt über ein Gästezimmer, in dem sich die bauzeitlichen Einbauten erhalten haben. Sie ist eine von wenigen in Potsdam angesiedelten Standorten diplomatischer Vertretungen.
Weitere Details
- Der Name des Bauherrn wird unterschiedlich genannt: Adelbert oder Adalbert Prölß oder Prölss oder Prölls. In der Geburtsurkunde wird sein Name Adalbert Wilhelm Proehls genannt. Auf seinem privaten Briefpapier schreibt er sich 1940 Dr. Ing. e. h. A. PRÖLSS. (Wissen Garnisonkirche). Im Kirchenarchiv wird aber Prölß geschrieben. Auf seinem Grabstein auf dem „Neuen Friedhof Teltower Vorstadt, Potsdam“ vom Januar 1948 steht "Adalbert Prölss - *15.12.1870 - +20.01.1948". Im Geschäftsbericht der IG-Farben-Industrie Aktiengesellschaft über das Geschäftsjahr 1926 wird auf Seite 13 sein Name mit ADELBERT PRÖLSS genannt (DOCPLAYER I. G. Farben Industrie).
- Paul Karchow: für den Chemiefabrikanten Dr. Wilhelm Spindler (Sohn von Carl Spindler) baute er schon 1913 in der Lassenstraße 19-21 in Berlin-Grunewald ein ähnliches Gebäude wie das Landhaus Prölß, das ab 1968 als Polnische Militärmission genutzt wurde und seit 2016 (?) die Residenz des Botschafters der Republik Polen ist. Paul Karchow baute neben vielen anderen Gebäuden von 1901 bis 1912 auch das Fabrikations-und Verwaltungsgebäude der Agfa in Treptow.
- Agfa = Actien-Gesellschaft für Anilin-Fabrication mit Verwaltungssitz in Berlin-Alt-Treptow, Jordanstraße 1-4 / Ecke Lohmühlenstraße 65-66
Quellen
- familysearch - Familienforschung
- Kirchenbuch-Taufbuch der Oberkirche in Cottbus für Adalbert Wilhelm Prölß am 13. Januar 1871 - Beitrag auf familysearch
- Industrie- ind Filmmuseum Wolfen - Tag der Architektur - der Architekt der Filmfabrik Wolfen Hugo Wach mit Beitrag zum Bau der Agfa-Filmfabrik in Wolfen (Sachsen-Anhalt) einschließlich Infrastruktur 1910
- nightphotos.de Foto des Fabrikation-/Verwaltungsgebäude der Agfa von Paul Karchow in Treptow
- ArchitekturKompendium.Berlin und Architekturbildarchiv - Fotos des Gebäudes in der Lassenstraße 19-21 in Berlin-Grunewald
- Landesdenkmalamt Berlin - Denkmaldatenbank zum Gebäude in der Lassenstraße 19-21 in Berlin-Grunewald
- Zwei für viele: Prölß und Curschmann - Artikel in der Mitteldeutschen Zeitung vom 10.08.2009
- Bekennende Kirche - Artikel bei wikipedia
- Denkmalliste des Landes Brandenburg, Nummer 09156589 und Denkmale in Brandenburg: Landhaus Prölls, Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum (Stand: 9. Dezember 2021)
- Landesdenkmalliste Brandenburg - Stadt Potsdam, Seite 41 - Stand 31.12.2021
- Kerstin Englert: Zwischen Repräsentation und Privatsphäre: die Residenzen. In: Botschaften in Berlin, Gebr. Mann Verlag, Berlin 2003, ISBN 3-7861-2472-8, S. 74
- Rosemarie Posselt: Staatliche Verwaltung, Wirtschaft, Parteien und Organisationen in den Bezirken Cottbus, Frankfurt (Oder) und Potsdam: 1952 - 1990. In: Veröffentlichungen des Brandenburgischen Landeshauptarchivs: Brandenburgisches Landeshauptarchiv, Berliner Wissenschafts-Verlag, 2005, ISBN 978-3-8305-0959-2, S. 657.
- Erhart Hohenstein: Inszenierter Volkszorn am „weißen Haus“, Potsdamer Neueste Nachrichten, 17. April 2004 und Erhart Hohenstein: August 1958 in die Seestraße, Potsdamer Neueste Nachrichten, 30. April 2004
- Villen in der Berliner Vorstadt (Memento vom 5. Mai 2014 im Internet Archive)
- Residenz der Botschaft der Republik Ecuador – Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes, Liebert – Ingenieurbüro für Versorgungstechnik
- Berlins schönste Vorstadt liegt in Potsdam – Artikel bei Welt Online, vom 11. April 2005
- Antrittsbesuch des Botschafters der Republik Ecuador – Pressemitteilung bei Potsdam.de, vom 29. November 2005
- Ecuadors neuer Botschafter ist Potsdamer – Artikel bei PNN, vom 30. November 2005
- „Die Berliner Vorstadt von Potsdam auf historischen Postkarten“, Herausgeber: Verein Berliner Vorstadt e. V.; ISBN 978-3-00-060524-6